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Das Schweigerecht des Beschuldigten nach § 136 StPO.

Es ist das gute Recht eines Beschuldigten, zu den Vorwürfen, die gegen ihn erhoben werden, zu schweigen. Der Beschuldigte ist darüber zu belehren, § 136 StPO. Schweigen darf nicht negativ ausgelegt werden. Diese Rechte sind allgemein geläufig, jedem Polizeibeamten und jedem Staatsanwalt sind sie bekannt. Und doch kommt es immer wieder zu Situationen, in denen sie nicht beachtet werden.

Erst heute habe ich wieder einen Fall vor dem Landgericht Düsseldorf verhandelt, in dem das Schweigerecht und die daraus (unzulässiger weise) gezogenen Schlüsse Gegenstand einer Berufungshauptverhandlung waren. In dem Fall hatte mein Mandant nach Eröffnung des Tatvorwurfs durch die Polizeibeamten und der Belehrung, dass er sich nicht zu den Vorwürfen äußern müsse, gesagt, dass er eben nichts sagen, sondern seinen Anwalt kontaktieren wolle. Obschon diese Äußerung klar verständlich war und auch von den Beamten gehört wurde, wurde der Mandant gleich mehrfach weiter befragt. Und als ob dies eine Selbstverständlichkeit wäre, wurde dies auch von einem der Beamten heute bei Gericht in der Zeugenvernehmung eingeräumt. Dies, so der Beamte, würden sie auch öfter machen.

 

Dass diese Art der Befragung gegen die Strafprozessordnung verstößt ist offensichtlich. Denn wer schweigen will, der darf das tun, es ist sein gutes Recht. Aussagen, die durch Verstoß gegen § 136 StPO zustande gekommen sind, unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies hat der Bundesgerichtshof gleich mehrfach entscheiden: "Entscheidet sich der Beschuldigte, von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen, so ist dies grundsätzlich von den Ermittlungsbehörden zu respektieren; stetige Nachfragen ohne zureichenden Grund können das Schweigerecht entwerten", so der BGH eindeutig (vgl. beispielhaft BGH 3 StR 435/12).  

 

Und in dem Rahmen der Plädoyers legte der Vertreter der Staatsanwaltschaft dann noch einen oben drauf: Die Einlassung des Angeklagten sei unglaubhaft, schließlich hätte der Angeklagte doch schon bei der Vernehmung am Tatort seine Version des Vorfalls darstellen können. Da ich bereits als Erster plädiert hatte (in Berufungs- hauptverhandlungen erhält der Beschwerdeführer das Recht des ersten Plädoyers, § 326 StPO), habe ich von meinem Recht auf Erwiderung Gebrauch gemacht. Dieses ergibt sich aus § 258 StPO, auch wenn dort nur ausdrücklich das Recht auf Erwiderung der Staatsanwaltschaft genannt ist - das Recht der Verteidigung leitet sich insofern aus dem Recht auf das letzte Wort des Angeklagten ab. In meiner Erwiderung habe ich dann nochmal klar gestellt, dass das Schweigerecht des Beschuldigten es verbietet, negative Schlüsse aus seinem Schweigen zu ziehen.

 

Der Mandant ist übrigens freigesprochen worden.